Warum ein Bundesprogramm "Blaues Band Deutschland"?
Hintergrund des Bundesprogramms ist, dass sich die Anforderungen an die deutschen Wasserstraßen im Laufe der Zeit geändert haben. Der Güterverkehr auf den Bundeswasserstraßen konzentriert sich heute auf ein Kernnetz der großen Flüsse und Kanäle. Hierauf werden die Prioritäten der verkehrlichen Investitionen gelegt. Dazu kommen zahlreiche Nebenwasserstraßen, auf denen kaum noch Fracht transportiert wird. Diese haben ein besonders hohes ökologisches Entwicklungspotenzial. Ziel ist es, dieses Potenzial aufzugreifen, um wertvolle Naturräume zu erhalten und attraktive Flusslandschaften mit einer hohen Anziehungskraft für Erholungssuchende, Wassersportler und den Wassertourismus zu schaffen.
Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD für die 18. Legislaturperiode haben sich die Regierungsparteien verständigt: "Es wird ein Bundesprogramm 'Blaues Band' aufgelegt, um die Renaturierung von Fließgewässern und Auen zu fördern…"
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Woher kommt der Name "Blaues Band"?
Die Formulierung "Blaues Band" ist angelehnt an das "Grüne Band". Das "Grüne Band", der ehemalige deutsch-deutsche Grenzstreifen, bildet mittlerweile einen wertvollen Biotopverbund durch Deutschland. Auch mit dem „Blauen Band Deutschland“ soll ein Biotopverbund von nationaler Bedeutung aufgebaut werden. Ziel ist es, die Gewässer untereinander und mit den Küstengewässern zu vernetzen.
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Was bedeutet das Bundesprogramm "Blaues Band Deutschland"?
Das Bundesprogramm bietet eine Zukunftsperspektive vor allem für die Wasserstraßen, die nicht mehr für den Güterverkehr benötigt werden, die ca. 2.800 km sogenannten Nebenwasserstraßen. Aber auch im verkehrlich intensiv genutzten Kernnetz der Bundeswasserstraßen sollen Renaturierungsmaßnahmen für den Aufbau eines Biotopverbunds von nationaler Bedeutung durchgeführt werden, sofern sie mit den verkehrlichen Zielen vereinbar sind. Zur Umsetzung des Bundesprogramms ist ein generationsübergreifender Zeitraum von 30 Jahren erforderlich.
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Was ist Inhalt des Bundesprogramms "Blaues Band Deutschland"?
Das Bundesprogramm „Blaues Band Deutschland“ beschreibt den notwendigen organisatorischen, rechtlichen und fachinhaltlichen Veränderungsbedarf. Es sollen u.a. als Grundlage für Investitionsentscheidungen an den Nebenwasserstraßen gemeinsam mit den Akteuren vor Ort regionale Entwicklungskonzepte erarbeitet werden, die die vielfältigen Anliegen und lokalen Erfordernisse berücksichtigen. Es sollen auch Partner gewonnen werden, die sich mit ihren Flächen in den Auen in die Renaturierungsprojekte einbringen. Hierfür ist beim Bundesumweltministerium ein eigenständiges Förderprogramm vorgesehen.
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Was sind Renaturierungsmaßnahmen an Bundeswasserstraßen?
Renaturierung bedeutet die Rückführung in einen naturnäheren Zustand. Dies bedeutet aber nicht die Aufgabe jeglicher Nutzung durch den Menschen. An Bundeswasserstraßen tragen insbesondere die bereits jetzt in der Zuständigkeit der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) liegenden Aufgaben wie Ökologische Durchgängigkeit, wasserwirtschaftliche Unterhaltung sowie verkehrlicher Rückbau bei. Erforderlich ist aber auch die Verknüpfung mit den in der Zuständigkeit der Länder befindlichen wasserwirtschaftlichen und naturschutzfachlichen Ausbau- bzw. Rückbaumaßnahmen.
Weiterhin grundsätzlich geeignete Maßnahmen zur naturnahen Gewässer- und Auenentwicklung sind der Rückbau von Uferbefestigungen, die Wiederherstellung auentypischer Lebensräume, Auengewässer, Feuchtgebiete und Pionierstandorte, die Förderung extensiver und standortangepasster Nutzungen und die Flächensicherung, eine Dynamisierung des Abflusses und die Reduzierung der Rückstauwirkungen. Maßnahmen der Zurückführung der übersteigerten großflächigen Tiefenerosion sowie des vorsorgenden Hochwasserschutzes, insbesondere die Rückgewinnung von Retentionsflächen sind ebenfalls ein wichtiger Bestandteil der naturnahen Gewässerentwicklung.
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Welches verkehrliche Interesse hat die WSV am "Blauen Band Deutschland"?
An den ca. 2.800 km Nebenwasserstraßen ist die ursprüngliche Zweckbestimmung - Gütertransport - teilweise seit Jahrzehnten weggefallen. Die unvermeidliche Priorisierung des Ressourceneinsatzes auf ein Kernnetz mit einer hohen Transportnachfrage würde ohne weitere Perspektive zu einer Vernachlässigung der Nebenwasserstraßen führen. Das Alter und der Zustand der Wehre und Schleusen an den Nebenwasserstraßen birgt die Gefahr ungeplanter Ausfälle mit entsprechenden Auswirkungen auf die Freizeitnutzung, ggf. aber auch auf Wasserhaushalt und Landwirtschaft sowie für Wasserkraftanlagen. Potentiell betroffen sind dabei rund 120 Wehr- und 140 Schleusenanlagen.
An Gewässern mit hoher oder sehr hoher Nutzungsintensität durch die Fahrgastschifffahrt und motorisierte Freizeitschifffahrt soll der Wassertourismus weiter gefördert werden. Die Infrastruktur an wenig genutzten Gewässern kann dagegen vorzugsweise für motorlose Freizeitnutzungen ausgelegt werden. Der Rück- oder Umbau von Schleusen- und Wehranlagen könnte dort effektiv in Kombination mit Renaturierungsmaßnahmen erfolgen.
Mit dem Bundesprogramm „Blaues Band Deutschland“ übernimmt der Bund Verantwortung für die in seinem Eigentum stehenden Wasserstraßen und setzt die Kompetenz der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung zur Erhaltung und Wiederherstellung naturnaher Flusslandschaften ein.
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Welche Chancen bietet das Bundesprogramm?
Das "Blaue Band Deutschland" bietet eine Plattform, die Schnittstellen und Synergien zwischen den Zielen des Bundes und der Länder zu identifizieren und in Abwägung von Interessen Dritter für die Nebenwasserstraßen regionale Entwicklungskonzepte zu erarbeiten und angepasste Strukturen aufzubauen, die auf andere gesellschaftliche Belange wie Umwelt- und Naturschutz, Wassertourismus, Freizeitsport und Erholung ausgerichtet sind.
Fluss, Ufer und Auen werden wieder als Ganzes gesehen und als Zentren der biologischen Vielfalt entwickelt. Es wird ein Biotopverbund von nationaler Bedeutung aufgebaut, der auch eine wichtige Funktion zur Bewältigung der Folgen des Klimawandels übernehmen wird.
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Welche Leistungen erbringen Auen und Gewässer für die Gesellschaft?
Naturnahe Auen und Gewässer bringen einen enormen Gewinn für die Gesellschaft. Sowohl ökologisch als auch ökonomisch.
- Flussauen bieten einen natürlichen Hochwasserschutz.
- Naturnahe Auen halten Nährstoffe aus der Landwirtschaft zurück und verbessern die Wasserqualität von Bächen und Flüssen.
- Moorreiche und nasse Flussniederungen leisten einen Beitrag zum Klimaschutz, indem sie Treibhausgase zurückhalten.
- Vielfältige und schöne Landschaften tragen zum Wohlbefinden und zur Gesundheit der Menschen bei. Naturnahe Auen gehören zu den artenreichsten Lebensräumen in Mitteleuropa und sind eine "moderne Arche Noah".
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Gibt es in Deutschland noch Auen, die renaturiert werden können?
Über 75% der Auen an Bundeswasserstraßen sind durch den Bau von Deichen vom Fluss abgetrennt worden und können bei Hochwasser nicht mehr überflutet werden. Möglichkeiten für die Renaturierung von Flussauen und die Rückgewinnung von Überschwemmungsflächen gibt es überall in Deutschland. Natürlich ist es in stark genutzten Gebieten schwieriger großflächige Projekte umzusetzen. Aber selbst mitten im Stadtgebiet von München wurde die Isar renaturiert, was zeigt, dass die Menschen ihren Fluss wieder erleben wollen, zum Baden oder als attraktiven Naherholungsraum.
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Wie steht es um die gesellschaftliche Akzeptanz von Renaturierungsmaßnahmen?
Naturnahe Flusslandschaften erfahren bei den meisten Menschen hohe Beliebtheit. In steigendem Maße werden die Bundeswasserstraßen von der Bevölkerung zur Freizeitgestaltung und Erholung genutzt. An besonders attraktiven Wasserstraßen hat sich ein intensiver Tourismus für Kurz- und Landzeiturlauber entwickelt. Damit bieten sich vor allem an den sogenannten Nebenwasserstraßen besondere Chancen, diese Flusslandschaften für naturbetonte Erholung und Freizeitsport zu nutzen.
Aus repräsentativen Bevölkerungsumfragen zum Naturbewusstsein, zum Beispiel aus der Naturbewusstseinsstudie 2013, wissen wir, dass die gesellschaftliche Akzeptanz für eine verstärkte Umsetzung von Renaturierungen von Gewässern und Auen vorhanden ist. 93 Prozent der Befragten wünschen sich lieber naturnahe Fließgewässer als begradigte Bäche und Flüsse.
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Wie sieht die Finanzierung aus?
Mit dem Bundesprogramm wird deutlich, dass nicht nur der Güterverkehr das allein ausschlaggebende Kriterium für Investitionsentscheidungen ist, sondern auch bewertet wird, welchen Freizeitnutzen und welche ökologischen Entwicklungsmöglichkeiten eine Wasserstraße hat.
Der Investitionsbedarf für das Bundesprogramm „Blaues Band Deutschland“ wurde in einer Fachstudie für verschiedene Umsetzungsszenarien ermittelt. Die Auswahl der Projekte richtet sich nach der vom Haushaltsgesetzgeber zur Verfügung gestellten Ressourcenausstattung, nach fachlichen Priorisierungskriterien und nach den mit anderen Nutzern und den gesellschaftlichen Gruppen vor Ort gemeinsam entwickelten Maßnahmenvorschlägen. Wird davon ausgegangen, dass die Hälfte der als prioritär eingeschätzten Renaturierungsmöglichkeiten an Wasserstraßen realisierbar sind, wäre ein Mittelansatz in den nächsten 30 Jahren von jährlich 50 Mio EUR im Haushalt des BMDV erforderlich. Hinzu käme der Mittelbedarf in Höhe von 12-15 Mio EUR jährlich zur Finanzierung eines BMUB-Förderprogramms für Flächen in Auen, die sich nicht im Bundeseigentum befinden.
Zu betonen ist, dass die durch den Verzicht auf nicht mehr erforderliche Ersatzinvestitionen für Verkehrsanlagen und sonstige Bauwerke entstehenden Synergieeffekte im Wasserstraßenhaushalt für die angestrebten Renaturierungen genutzt werden.
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Welche Mitwirkungsmöglichkeiten bestehen bei der Umsetzung des Bundesprogramms?
Die Bundesregierung strebt bei der Realisierung von Projekten eine frühzeitige Beteiligung der Bürger an. Grundlage für Investitionsentscheidungen an Nebenwasserstraßen sind regionale Entwicklungskonzepte, die unter Berücksichtigung der vielfältigen Belange erarbeitet werden. Dabei werden die Akteure vor Ort einbezogen. Auch vor Abschluss dieser Konzepte sollen Renaturierungsprojekte an den Nebenwasserstraßen immer dann verwirklicht werden, wenn absehbar ist, dass diese in die jeweiligen Entwicklungskonzepte eingepasst werden können (sogenannte „no-regret“-Maßnahmen).
Die Bundesregierung wird einen umfassenden Umsetzungsprozess des Bundesprogramms in Gang setzen. Dabei strebt sie einen engen Dialog mit den Ländern und gesellschaftlichen Gruppen an. Hierzu wird in gemeinsamer Federführung von Bundesverkehrsministerium und Bundesumweltministerium ein Beirat „Blaues Band Deutschland“ eingerichtet.
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Wie findet der Wassertourismus Eingang in das Bundesprogramm „Blaues Band Deutschland“?
Das Bundesprogramm „Blaues Band Deutschland“ bezieht sich grundsätzlich auf das gesamte Netz der Bundeswasserstraßen mit einem besonderen Fokus auf die Nebenwasserstraßen. Dabei werden auch Wasserstraßen mit besonderer Bedeutung für den Wassertourismus betrachtet. Wassertouristische Belange werden sowohl im Bundesprogramm, als auch in den später geplanten Entwicklungskonzepten und Maßnahmenplanungen berücksichtigt und soweit möglich unterstützt. Detaillierte Aussagen zum Wassertourismus finden sich im Wassertourismuskonzept des BMVI. Die Zielsetzung des Bundesprogramms „Blaues Band Deutschland“ ist mit den Zielen des Wassertourismuskonzeptes des Bundesverkehrsministeriums sowie den Anforderungen auf Länder- und regionaler Ebene in Einklang zu bringen.
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